Reflektiert (01. Januar)

einhundertdreißig

km/h

ausfahrt verpasst

um ein haar

alleine auf der autobahn

 

eintausend grad

in celsius

ganz viel feuer

wenig ruß

warum es auch so

kalt sein muss!

 

zweihundert schuss

raketenfeuer

zwölf die zeit

der ungeheuer

fünf liter sekt

das kommt uns teuer

 

reif der bäume

fällt wie schnee

glühwein ist

nur saft mit tee

meine finger

tun mir weh

 

muss denken wie

es letztens war

und die tränen

sind wieder da

die nacht ist schwarz

und nicht recht klar

 

frohes neues

bessres jahr



Meister der Unmöglichkeit (11. Januar)

Meister der Unmöglichkeit

Geht lachend durch die Welt,

Was denen, die verzweifelt sind,

Nicht annähernd gefällt.

 

Meister der Unsagbarkeit

Tut seine Meinung kund,

Fährt jenen, die dagegen sind,

Ganz einfach übern Mund.

 

Meister der Undenkbarkeit

Kennt jedes Menschen Traum.

Eigne Träume hat er nicht,

Für die ist halt kein Raum.

 

Meister der Unmöglichkeit:

Sein Leben war verschenkt.

So rücksichtslos, versteht er nicht,

Dass man Böses von ihm denkt?

 

Meister der Unmenschlichkeit:

Er achtete nicht drauf,

Was Gutes er noch könnte tun,

Stattdessen gab er auf.



Ohrwurm (13. Januar)

Dieser Tag

Mein Feiertag

Mein Sonnenstrahl im Regen

 

Dieser Tag

Ein guter Tag

Ein Lächeln-Tag im Grauen

 

Dieser Tag

Meine Melodie

Am Schuxentag im Nebel

 

Dieser Tag

So ungeliebt

Voll mit Musik

Im Kopf



Halbwahrheiten (14. Januar)

Ich vermiss deine Hände

So fein und so ernst

In der linken die Kreide

Die rechte am Herz

 

Ich vermiss deine Pullis

So altmodisch und bunt

Ich weiß noch jeden

Aus jeder Stund

 

Ich vermiss deine Stimme

Zu jung für dich selbst

Will nochmal zuhören

Wie du Vorträge hältst

 

Ich vermisse dein Grinsen

So schief wie ein Pferd

Niemand sonst grinst so

Dass ich verrückt werd

 

Nur deine Hobbys

Vermisse ich nicht

In meinem trüben Alltag

Sind sie mein einziges Licht


Mathe (20. Januar)

Hab ausgerechnet

Dass ich

- Die Unberechenbare -

Soviel Zeit damit verbring

Zu rechnen

Dass ich ganz

Unzurechnungsfähig werd.

:(


Die Chancenlosigkeit (23. Januar)

Ich wein dir hinterher

Du Tote, du Vertane!

Dass jede meiner Tränen

Deines Opfers mahne

Drum wein ich noch viel mehr

 

Ich kann nicht so laut schrein

Wie meine Kameraden

Die in Trauer um dich schon

Im Selbstmitleide baden

Drum lass ichs lieber sein

 

Ich weiß ja auch genau

Dass du die letzte Chance bist

Die, einmal schnell vertan,

Unwiederbringlich ist

Warum ich jetzt nach vorne schau


Alexander und Diogenes I (25. Januar)

Wäre ich nicht Alexander

Diogenes wollt ich dann sein

Doch ich bin nur Alexander

Nichts als die halbe Welt ist mein

 

Wäre ich nicht Alexander

Ach, ich wär ein Philosoph

Leider bin ich König nur

Das ist mir echt zu doof

 

Wäre ich nicht Alexander

Man spräch noch heute über mich

Als einen Weltgeschichtenschreiber

Das ist fürwahr sehr ärgerlich


Alexander und Diogenes II (25. Januar)

Geh mir, Bursche, aus der Sonne

Geh hinfort, komm, tummel dich

Ach die ganze Welt verspottet

Den klügsten Mann hier, also: mich

 

Alexander ist dein Name

Du herrscht über ein großes Reich

Doch ich hab einen Ruf zu wahren

Dein ganzer Fummel ist mir gleich

 

Geh mir aus der Sonne, König

Ich hab doch alles, was ich brauch

Und jetzt die warme Sonne noch

Scheint mir auf meinen leeren Bauch


Die Erwählte (26. Januar)

Sie ging mit hocherhobnem haupt

- was andres war eh nicht erlaubt -

über das gras im sonnenschein

und wollte endlich glücklich sein

 

Sie trug ein blütenweißes kleid

doch in Ihr brodelte der neid

auf was die andern mädchen trugen

während sie die wäsche schlugen

 

Sie war so jung, Sie war so schön

Sie hörte nicht mehr auf zu gehn

doch das tor wurde bewacht

wegen der feier heute nacht

 

der widerstand wär viel zu groß

Sie lacht gekünstelt macht sich los

und geht nach hause dann zurück

wo bleibt es denn, das große glück?

 

heut nacht im dorf wird keiner ruhn

und Sie allein hat nichts zu tun

Sie sitzt allein im elternhaus

nein heute bricht Sie nicht mehr aus

 

und es wird dunkel überm land

Sie hört da kommen sie gerannt

und Sie erhebt sich würdevoll

weiß nicht was Sie machen soll

 

Kaum tritt sie zur Tür hinaus,

Nimmt die Feier ihren Lauf.

Man grüßt sie, küsst sie, beugt das Knie...

Zum Ende dann verbrennt man sie.


Verunstaltung (27. Januar)

Gerade so knapp dran

Und so verkehrt

Wie die falsche Sekunde

Den richtigen Ton

Verpasst.

 

Der Finger rutscht

Und rutscht, rutscht ab

Dass keiner es hört

Keiner fühlt, keiner weiß

Verpatzt.

 

Den Finger auf der Wunde

In der Saite gespiegelt

Abgerutscht, knapp gescheitert

Den Applaus unweigerlich

Verloren.